Versteinerter Wald

Chemnitz ist die Heimat eines einzigartigen Naturschatzes. Der im Stadtteil Hilbersdorf gelegene „Versteinerte Wald“ erscheint auf den ersten Blick skurril, ja beinahe surrealistisch. Aber dennoch ist dieses Naturwunder real. Besucher entdecken einen Wald aus Stein, der hier in geringer Tiefe konserviert wurde, um auch zukünftig viele Generationen an Bewunderern in den Bann zu ziehen.

Erste Funde im Mittelalter

Zum ersten Mal wurden die „versteinerten Bäume“ im Mittelalter von dem Chemnitzer Bürgermeister Georgius Agricola erwähnt. Zahlreiche weitere Dokumente folgten. Beispielsweise liegt bis heute ein Bericht aus dem Jahr 1737 über versteinerte Bäume in Hilbersdorf vor. Nur wenige Jahre später fand ein Inspektor namens David Frenzel im Jahr 1751 einen Stamm, der von zwölf ansitzenden Wurzeln umgeben war. Es dauerte ein Jahr, bis dieser Stamm ausgegraben und für die Nachwelt verewigt war. Einen Schatz fand Frenzel an diesem Tag ganz gewiss. Das Besondere an dieser Geschichte: eigentlich wollte sich der Inspektor auf die Suche nach Schmucksteinen begeben.

Der spektakuläre Transport der Stämme

Die Meldung über diese paläobotanische Ausgrabung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Seitenweise berichtete das „Dresdnische Magazin“ über den spektakulären mehrtägigen Transport des Baumstamms, der auf einem speziell dafür konzipierten Wagen mit sage und schreibe 28 Pferden nach Dresden befördert wurde. Etwa ein Jahrhundert lang zog das außergewöhnliche Fundstück im Dresdner Zwinger die Blicke auf sich, bis dieser in den 1840er Jahren durch einen Brand zerstört wurde. Weitere großflächige Erforschungen dieses Relikts aus der Urzeit erfolgten durch den stetigen Ausbau der Stadt Chemnitz. Insbesondere in den 1870ern wurden unzählige versteinerte Bäume in Hilbersdorf gefunden. Da die Lechlasche Villa in der Annaberger Straße damals das einzige Museum in der Stadt gewesen ist, nahm die Institution die Sammlung des versteinerten Waldes auf. Ab diesem Zeitpunkt war der Naturfund für die Öffentlichkeit zugänglich. Daraufhin scheute Johann Traugott Sterzel als Gründer der Städtischen Naturwissenschaftlichen Sammlungen keine Mühen, um die Bäume zu einem Naturdenkmal zu verbinden.

Ein Denkmal als Dankeschön

Ein weiterer großer Fund gelang dem Baumeister Max Güldner. Als dieser Bauleiter im 19. und 20. Jahrhundert mehrere große Wohnhäuser an der Frankenberger und Hilbersdorfer Straße errichten ließ, stieß er im Rahmen der Schachtungsarbeiten auf den größten und wichtigsten Fundort der Kieselhölzer. Daraufhin unternahm Güldner große Anstrengungen, um die Kieselhölzer mithilfe fachkundiger Unterstützung zu bergen. Ein wichtiger Helfer war ein gewisser Professor Sterzel. Im Nachhinein verfolgten beide Personen durch ihre Kooperation das Ziel, die versteinerten Stämme an das Museum zu übergeben, unter dessen Glaskuppel des Tietz der „Wald“ heute bewundert werden kann. Dann dauerte es nicht mehr lange, bis der Baurat Orth die Fundstücke des von ihm erworbenen Ackerlandes an die Naturwissenschaftliche Gesellschaft in Chemnitz übergab. Zu Ehren an diese Tat ließen dessen Erben im Oktober 1911 ein in Kieselhölzer eingebettetes Denkmal errichten. Dieses kleine Monument befindet sich heute an der Abzweigung zwischen Zeiß- und Orthstraße. Die Erben legten fest, dass die Orthschen Funde als Dauerleihgaben an die Städtische Naturwissenschaftliche Sammlung übergeben werden sollen. Die Stadt erwies dem Finder eine besondere Ehre und benannte die selbige Straße in Chemnitz nach Orth.

Ein Wahrzeichen von Chemnitz

Doch die Geschichte rund um den versteinerten Wald setzte sich fort. Pünktlich um 1900 fanden Bauarbeiter bei Aushubarbeiten auf dem Sonnenberg den Baum, der heute als „Riesenbaum“ in die Geschichte eingeht. Bis heute ist dieses Fundstück der größte Stamm eines Waldes der besonderen Art. Um 1909 wurde die Sammlung an das König-Albert-Museum am Theaterplatz übergeben. Heute ist der „Versteinerte Wald“ zum Wahrzeichen von Chemnitz avanciert. Einige Teile des Waldes können Besucher ebenfalls im Atrium des Hauses Tietz bewundern.